11. Juni, 2007

Bogenbaukurs – ausführlich

Gestern war ich einfach zu faul müde, um einen ausführlichen Bericht über den Bogenbaukurs zu schreiben. Dabei verdient die Geschichte einen ausführlicheren Text.

Charly („Wir Bogenschützen duzen uns untereinander…„) hat seine Werkstatt in Fischerhäuser, einem kleinen Flecken zwischen München und Freising, nicht weit vom Flughafen. Hier hält er seine Bogenbaukurse ab – kaum 500m entfernt von einem Bogenschießstand. Die Kellerwerkstatt bietet Platz für bis zu sieben Bogenbauschüler – aber wir hatten Glück. Eigentlich wollte ein Abiturient an diesem Wochenende einen Privatkurs nehmen (er schreibt eine Physik-Hausarbeit über Bögen). Und weil Stella nicht an jedem Wochenende Zeit hat nach München zu kommen, hat Charly uns kurzerhand dazugenommen. Damit sind wir nur zu dritt und entsprechend viel Zeit kann sich unser Lehrer für jeden von uns nehmen.

Charlys Werkstatt

Der Keller in Fischerhäuser bietet Platz für Charlys Holzsammlung – er ist spezialisiert auf hochwertigen Bambus, den er bei anderen Bogenbauern gegen schwer erhältliche Hölzer eintauscht. Vergleichsweise gewöhnliche Hölzer kauft er aber auch selber. Und so groß seine Sammlung an Bogenhölzern in diesem Keller ist, so groß ist auch seine Auswahl an Rohlingen. Stella entscheidet sich für einen sehr schönen aus einer Kombination aus Hickory und amerikanischer Kirsche, für mich kommt (schon wegen meiner Größe) nur ein sehr langer Rohling aus Hickory in Frage.

Im ersten Schritt werden die Rohlinge in der Breite symetrisch gehobelt. Dabei müssen wir sehr vorsichtig arbeiten – Jede abgehobelte Faser bedeutet später weniger Kraft – und in der Breite macht sich das Entfernen von Material acht mal stärker bemerkbar als in der Dicke („Damit bin ich nicht ganz einverstanden – in der Praxis hat sich gezeigt, daß das Verhältnis eher eins zu sechs ist.„).

Holz dehnt sich leichter, als daß es gestaucht wird. Die Bauchseite des Bogens (also die, die zum Schützen zeigt) wird also stärker belastet als der Bogenrücken. Deshalb wird der Bogenrücken an den Seiten abgerundet – so nehmen wir unnötiges Material weg – und weniger Material bedeutet in diesem Fall schnellerer Bogen.

In der Mitte haben die Rohlinge bereits ein deutlich dickeres Stück aufgeleimt. Aus dem arbeiten wir jetzt unter viel Fluchen mit Raspeln den Griff heraus. Und an die Schenkelenden kommen noch die Sehnenkerben.

Jetzt wird zum ersten mal die Bogenbauersehne aufgespannt und wir beginnen mit dem „Tillern“ – dabei wird der künftige Bogen leicht gespannt und nur mit dem Augenmaß (naja – und bei Bedarf auch mit kleinen Hilfsmitteln) geprüft, wo sich die Bogenschenkel gut biegen, und wo sie recht steif sind. Die steifen Stellen werden mit Zieheisen, Raspel und Hobel leicht ausgedünnt, um sie flexibler zu machen. Ziel ist, daß die Bogenschenkel über die gesamte Länge gleichmäßig arbeiten, und nicht eine Stelle besonders viel Dehnung leistet, während die andere sehr starr bleibt.

Und das dauert seine Zeit – aufspannen, prüfen, steife Stellen markieren, abspannen, hobeln, wieder aufspannen und wieder von vorne. Nach ein paar Stunden sind unsere Bögen endlich so gut bearbeitet, daß die Schenkel über die gesamte Länge gleichmäßig arbeiten.

Normalerweise wäre der Bogen jetzt fertig. Aber weil Stella und ich unsere Bögen im LARP einsetzen wollen, müssen wir sie noch schwächen (im Liverollenspiel schießen wir mit Sicherheitspfeilen aufeinander – allerdings dürfen die Bögen dort ein Zuggewicht von 25-30lbs nicht überschreiten). Deshalb hobeln wir jetzt über die gesamte Länge der Schenkel Holz von den Schenkelbäuchen ab – bis wir unser gewünschtes Zuggewicht erreicht haben. Dann noch die Sehne drauf – und nach zwölf Stunden Arbeit sind unsere Bögen fertig (naja – ich habe etwas länger gebraucht, weil mein Hickory sehr widerborstig war).

(Ausführlichere Bogenbau-Anleitungen finden sich im Internet, zum Beispiel hier.)

Charly erklärt während der ganzen Zeit unglaublich viel, erzählt aus der Geschichte des Bogenbaus, zeigt verschiedene Bogen-Beispiele aus seiner Sammlung. Hin und wieder macht er Abstecher in recht amüsante Episoden aus seinem Leben ganz abseits von Bogenbau und Bogensport.

Sonntag in der prallsten Mittagssonne können wir unsere selbstgebauten Bögen endlich auf dem nahen Schießstand ausprobieren. Stella ist ein Naturtalent und trifft sofort – meine Fähigkeiten… haben Verbesserungspotential :-) Den Sonnenbrand, den wir beide uns geholt haben, spricht jedenfalls dafür, daß wir ganz schön viel Zeit auf dem Schießplatz verbracht haben.

Jetzt müssen wir unsere Bögen nur noch verschönern, noch einmal mit Sandpapier die Unebenheiten entfernen und vor allem gegen Feuchtigkeit einölen („Schaftöl aus dem Gewehrbedarf – das beste, was es für Bögen gibt.„).

Ich habe mir jedenfalls schon vorgenommen, nach dem „Kinderbogen“ im Herbst noch einen zweiten richtigen Bogen mit mehr Zugkraft zu bauen. Bogenschießen beruhigt ungemein.

8 Kommentare to “Bogenbaukurs – ausführlich”

  • Ohja, ich weiß. Habe mich heute nach Bogensportvereinen umgesehen und ich denke, ich werde das in Zukunft regelmäßig machen.
    Danach bin ich ausgeglichener.

  • Ähhm… die Biegesteifigkeit eines Rechteckstabes ist laut Maschinenbau-Bibel („Dubbel“) proportional zu der Formel „Breite x Dicke^3″ wobei die „Dicke“ die Richtung ist, in welche gebogen wird.

    Kann es sein, daß sich da ein Fehler eingeschlichen hat – oder verhält sich Holz da so grundsätzlich anders als Metalle oder Faserwerkstoffe ?

  • Uhm… Bogenschießen ist entspannend? Nicht für die, die vom Pfeil getroffen werden. Grunz.

  • Bogenschiessen entspannt… und Bogenbau-Kurse machen süchtig nach mehr Bögen. Was für einen hast du denn gebaut, gibt es Fotos?

  • Hallo,

    koennt Ihr mir bitte die Adresse und Telefonnummer von Charly zukommen lassen. Was kostet der Spass eines Kurses eigentlich

    Danke

    Bernhard

  • Die Tel-Nr. ist 089-9295875

  • Interessanter Bericht. Ich bekomme Lust auf einen Bogenbaukurs :-)

  • Was macht die Bogensammlung? Gings weiter?

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